Dr. Friesicke

Lilli Friesicke, geborene Culp, (* 8. Oktober 1888 in Elberfeld, ? 1938 in Brandenburg an der Havel), war eine deutsche Ärztin und Gynäkologin jüdischer Herkunft.

Lilli Friesicke kam als Tochter des holländischen Kaufmanns Sieghart Culp zur Welt. Sie besuchte erst die Töchterschule, später einen privaten Real-Gymnasialkursus in Elberfeld. Zu Ostern 1909 legte sie ihr Abitur am Real-Gymnasium Remscheid ab.
Noch im Kaiserreich begann sie, was für Frauen zu dieser Zeit noch relativ selten und unüblich war, ihr Medizinstudium an den Universitäten Bonn und Jena. Im Sommer 1914 legte sie ihr Staatsexamen ab und wurde nach einer Notapprobation als Assistenzärztin an der Medizinischen Poliklinik zu Jena angestellt. 1915 wurde sie aufgrund ihrer eingereichten Dissertation zum Thema "Die Bedeutung des fötalen Hydrocephalus als Geburtshindernis" zum Doktor der Medizin promoviert.

Gymnasium Friesicke klIn der Zeit zwischen der 1917 und 1926 heiratete sie ihren Mann Georg, einen Radiologen und Arzt für Innere Medizin, mit dem sie ab 1926 am Katharinenkirchplatz 1 in Brandenburg an der Havel wohnte. Beide Ärzte betrieben in diesem Hause ihre eigene Praxis.
Am 30. Januar 1932 erwarb Frau Dr. Friesicke das Grundstück Katharinenkirchplatz 8 von dem bedeutenden Brandenburger Architekten Max Leue für RM 15.000,-.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde Frau Dr. Friesicke als Jüdin die Kassenzulassung entzogen, und sie konnte fortan nur noch jüdische Patientinnen gegen Privatliquidation behandeln. Nach den Novemberpogromen 1938 erfasste die Verhaftungswelle auch Lilli Friesicke. Im Polizeigewahrsam des Neustädtischen Rathauses beging sie Selbstmord.
Nach ihrem Tode wurden ihre beiden unmündigen Kinder, der 13 jährige Heinz-Herbert (genannt Heini) und die Tochter Marlene unter die Vormundschaft eines örtlichen Nationalsozialisten gestellt, der namens seiner Mündel noch vor der Volljährigkeit von Heinz-Herbert Friesicke am 5. Januar 1943 das Grundstück für RM 2000,- an den NSDAP-Kreisleiter von Brandenburg (Havel) und Bankvorstand Ferdinand Heppner verkaufte.
Heinz-Herbert Friesicke verstarb 1945 an Typhus. Über das Schicksal der Tochter Marlene, die während des Krieges zu ihrer Familie nach Holland floh, ist nichts bekannt. Wahrscheinlich überlebte sie die Zeit des Nationalsozialismus nicht.
Heppner wurde durch den Befehl 124 der SMAD vom 30. Oktober 1945 am 30. November 1948 als Kriegsverbrecher enteignet und die Immobilie dem Volkseigentum zugeschlagen.
Im Zuge von Straßenumbenennungen wurde nach 1990 eine Straße im Brandenburger Stadtteil "Nord" nach Lilli Friesicke benannt.

FRIEDHOFFRIESICKE kl