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St. Gotthardkirche

Kirche der Franziskanerbibliothek

Die Pfarrkirche St. Gotthardt ist eines der herausragenden Gebäude in der Altstadt. 1140 ließ Pribislaw für den Mönchsorden der Prämonstratenser in der Siedlung Parduin, der späteren Altstadt, eine Feldsteinkirche errichten. Sie diente anfangs dem Domkapitel, welches aber 1165 auf die Dominsel übersiedelte. Diese Feldsteinkirche wurde bis auf den unteren Teil des Westgiebels Anfang des 15. Jahrhunderts abgerissen und durch die jetzige spätgotische dreischiffige Hallenkirche ersetzt.

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Die Pfarrkirche St. Gotthardt ist eines der herausragenden Gebäude in der Altstadt. 1140 ließ Pribislaw für den Mönchsorden der Prämonstratenser in der Siedlung Parduin, der späteren Altstadt, eine Feldsteinkirche errichten. Sie diente anfangs dem Domkapitel, welches aber 1165 auf die Dominsel übersiedelte. Diese Feldsteinkirche wurde bis auf den unteren Teil des Westgiebels Anfang des 15. Jahrhunderts abgerissen und durch die jetzige spätgotische dreischiffige Hallenkirche ersetzt.

1623 stiftete die Tuchmachergilde als Zeichen ihrer Verbundenheit mit der Kirche die aus Sandstein gefertigte Kanzel. Sie gilt als die schönste Kanzel aller Brandenburger Kirchen. Der Turm der Kirche wurde 1767 in der barocken Form mit Aufsatz und Haube neu gestaltet. Eine große Spendenaktion ermöglichte 1904 eine umfassende Restaurierung der Kirche. Es kam zu der Freilegung des mit Backsteinen vermauerten Westportals sowie des gewaltigen Rundbogenfensters. Neben den Umbauten an den Kapellen und Emporen wurde das Innere der St. Gotthardtkirche neu ausgemalt, eine Heizung und eine elektrische Beleuchtung installiert. Die Firma Sauer errichtete eine neue Orgel unter Erhalt des kostbaren Prospektes der Wagner-Orgel von 1736. Diese wurde gestiftet durch den Spielzeugfabrikanten E.P. Lehmann. Mit seiner vielfältigen und reichen Innenausstattung gehört die St. Gotthardtkirche zu den eindrucksvollsten Sakralbauten der Mark Brandenburg.

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Die Berichte über die kirchlichen Verhältnisse in der St. Gotthardtkirche entsprechen denen in der St. Katharinenkirche am Ausgang des Mittelalters. „Die Frömmigkeit hatte im Laufe der Zeit eine immer größere Veräußerlichung erfahren, die ernsten, suchenden Seelen nichts zu bieten vermochte.“ Der Ruf der Geistlichkeit ließ zu wünschen übrig, überall mehrten sich die Klagen über die Unwissenheit, über die Sittenlosigkeit derselben. Als Luther seine 95 Thesen an die Schlosskirche zu Wittenberg schlug, mögen viele Brandenburger seine Tat als ein Gotteswerk gewürdigt haben. 1536 erhielt die Katharinengemeinde in der Neustadt ihren ersten evangelischen Pfarrer. Es sollte nicht mehr lange dauern, bis auch die Altstadt an das ersehnte Ziel gelangte. Vermutlich war es hier der Lehrer der Lateinschule, Andreas Bochow, der auf Heranziehung eines evangelischen Prädikanten bedacht war. Im Sommer 1538 berief der altstädtische Rat Kaspar Michaelis als Prädikanten nach St. Gotthardt, damit „er sich in solchem seinem Amte getreulich mit Verkündigung des Worts Gottes, die Sakrament zu verreichen und was ihm sonsten angehörig, will und soll gebrauchen lassen.“ Damit hatte auch in der Altstadt das Evangelium seinen Einzug gehalten, mit bischöflicher und landesherrlicher Bewilligung. In der Festschrift von 1906 wird auf Bedeutung der von Kurfürst Joachim II. herausgegebenen „Kirchenordnung im Churfürstentum der Marken zu Brandenburg“ hingewiesen. Diese Kirchenordnung ist ein Beweis dafür, wie vorsichtig man die neue Ordnung handhabte, wie schonend man in der Abschaffung katholischer Bräuche vorging.

Die St. Gotthardtkirche ist „eine authentische protestantische Predigtkirche, deren Hauptaltar als erste protestantische Auftragsarbeit in Brandenburg gilt.“ Eine besondere Freude hatten die jungen evangelischen Gemeinden an dem Choralgesang. Der katholische Kanonikus Cochläus sagte mit Recht, diese Lieder hätten der Reformation mehr Anhänger verschafft als Predigt und Katechismus. Der Kurfürst lies bald nach seinem Übertritt ein kleines Büchlein mit Luthers und anderer geistlichen Liedern drucken.

Wichtig für die Altstadt war zu dieser Zeit eine rechtliche Grundlage für die Neugestaltung der kirchlichen Verhältnisse zu schaffen. Man hatte zwar einen Prädikanten berufen, aber das Domkapitel empfand das mit Recht als einen Eingriff in seine bischöflichen Rechte, die Frage sollte darum endgültig auf der kurfürstlichen Kirchenvisitation gelöst werden. Es kam ein Vertrag zustande, demzufolge die altstädtische und neustädtische Pfarrkirche von dem Patronat des Domkapitels befreit wurden. Von da ab hatten die Räte der Stadt nur die gewählten Pfarrer dem Bischof zur Bestätigung und Einführung zu präsentieren, und waren überdies gehalten, ohne von ihm anerkannte Gründe die angestellten Geistlichen nicht wieder zu verweisen.

Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, einen tüchtigen Pfarrer zu finden. Die Visitatoren wandten sich an den Wittenberger Kaplan, Johann Seyfried, mit dem Ersuchen, die Pfarrstelle an St. Gotthardt anzunehmen. Seyfried war seit seiner Studienzeit mit Melanchthon herzlich verbunden. „Seinem Freund und Verwandten“ widmete der Reformator und Humanist Melanchthon verschiedene Schriften. Auf seinen Einfluss ist sicher auch der Wunsch der kurfürstlichen Visitatoren zurückzuführen, Seyfried die Pfarrstelle in der Altstadt Brandenburg in einem sehr dringlichen und zuvorkommenden Schreiben anzutragen. Luther und Bugenhagen befürworteten das Gesuch. Ab 1541 wurde Seyfried auf Lebenszeit angestellt. Johann Seyfried war gleich bereit, das ehrende Anerbieten anzunehmen.

Er wurde 1502 in einer angesehenen Ratsherrenfamilie in Höxter in Westfalen geboren. Er studierte mit Unterbrechungen im Schuldienst in Wittenberg. 1520 erwarb er das Baccalaureat. Er kaufte dort 236 Lutherschriften und war überhaupt ein eifriger Büchersammler. Einen Großteil der Vorlesungen hörte er bei Martin Luther und besonders bei Philipp Melanchthon, bei ihm auch über Aristoteles, den großen Philosophen und Gelehrten der Antike. Am 18. Juli 1535 wurde er zum Magister artium promoviert, 1539 in die Facultas artium aufgenommen und von Johannes Bugenhagen ordiniert. In seiner Zeit in Wittenberg heiratete er Anna von Willmann (auch Wilmar), die Tochter des Erbherren Nikolaus von Willmann auf Böß bei Wittenberg. Durch die Heirat kam Seyfried direkt in ein verwandtschaftliches Verhältnis zu Melanchthon. Denn dessen Frau Katharina Krappe, die Tochter eines Bürgermeisters und Gewindeschneiders in Wittenberg, war mit Anne von Willmann verwandt. Sie waren zusammen aufgewachsen. Anna heiratete später in zweiter Ehe den Altbrandenburger Bürgermeister Simon Roter und starb am 18. April 1557.

Seyfried nahm sich der Gemeinde mit großer Treue an. Bezeichnend für seine Treue ist auch, die Verpflichtung bei Ausbruch einer Pest seine Kirche nicht zu verlassen. Er hat es auch treulich gehalten, bei der 1549 grassierenden pest hat er in treuer Pflichterfüllung seinen Tod gefunden, und gleichzeitig mit ihm seine beiden Mitgeistlichen.

In freundschaftlicher Beziehung stand der Pfarrer auch zu dem Dichter und Gelehrten Georg Sabinus, einem Sohn des Brandenburger Bürgermeisters der Altstadt Balthasar Schuller und Schwiegersohn Melanchthons.
Er hat noch in seinem Todesjahr geschickte Verhandlungen beim Kurfürsten in Berlin/Cölln und in Wittenberg um die Annahme des Augsburger Interims geführt, das den Protestanten zwar den Laienkelch und die Priesterehe zugestand, sonst aber den katholischen Ritus vorschrieb. Er sprach sich wie Melanchthon trotz einiger Vorbehalte für die Annahme des Interims aus.
Besondere Sorgfalt widmete er der Gotthardtbibliothek.

Von der mittelalterlichen Ausstattung sind das romanische, wohl älteste märkische Taufbecken aus Bronze (der geschnitzte hohe Deckel von 1612) und die spätgotischen Triumpfkreuzgruppe erhalten. Von der mittelalterlichen Ausstattung sind das romanische, wohl älteste märkische Taufbecken aus Bronze (der geschnitzte hohe Deckel von 1612) und die spätgotischen Triumpfkreuzgruppe erhalten. Die Epitaphien sind neuzeitlich, darunter als wichtige Dokumente der Reformationskunst Werke des sächsischen Bildhauers Hans Schenk, gen. Scheußlich. Das Altarretabel ist 1559-1561 und die Kanzel, eine Stiftung der Tuchmachergilde, 1623/24 entstanden. Daneben am Kanzelpfeiler ist die Stiftertafel mit den Bildnissen der Gildemeister angebracht.

Wie sich aus einem spätmittelalterlichen Kirchenraum die Verwandlung in einen evangelisch geprägten vollzieht, ist vor allem am Altar auszumachen.

Nach Einführung der Reformation in der Mark Brandenburg wurde die St. Gotthardtkirche zu einer evangelischen Pfarrkirche umgestaltet. Dabei verschwanden der mittelalterliche katholische Hochaltar und eine Vielzahl von Nebenaltären. Dafür wurde ein neuer Altar geschaffen, der auch heute noch in unserer Kirche steht. Die Altartafeln wurden 1559 im Renaissance-Stil vom Leipziger Meister Wilhelm Gulden gemalt. Die rahmenden Holzarbeiten schnitzte der Brandenburger Meister Lurch.
Mit den einzelnen Bildern wird das Programm der Reformation dargestellt. Es ist im gewissen Sinne eine reformatorische Bilderpredigt. Im Mittelpunkt steht das Abendmahl Christi mit Brotkorb und gemäß reformatorischer Praxis mit Kelch. Der linke Flügel zeigt die Taufe Christi. Die hebräische Schriftzeile weist auf das Sakrament der Taufe hin. Abendmahl und Taufe sind die beiden in der evangelischen Kirche gültigen Sakramente. Auf dem rechten Flügel sehen wir den predigenden Jesus. Damit soll auf die zentrale Bedeutung der Predigt in der evangelischen Kirche hingewiesen werden. Eine Gestalt mit Brot und zwei Fischen im Arm lässt den Schluss zu, dass es sich um die Speisung der 5000 handelt. Auf der Predella (Sockel für Altaraufsätze) werden Christi Geburt und die zur Krippe eilenden Hirten dargestellt.

Epitaphien
Die St. Gotthardtkirche besitzt in Form der zahlreichen Epitaphien einen besonderen Schatz. Es handelt sich dabei um Gedächtnistafeln für Verstorbene aus Holz oder Stein, die am Kirchenäußeren oder wie bei uns im Kirchenraum angebracht worden sind. Dieser Brauch entwickelte sich nach der Reformation in der Renaissancezeit (16. Jh.) besonders stark.

Das Epitaph „Der Gekreuzigte mit Magdalena“ hängt am Mittelpfeiler am Eingang zur Taufkapelle. Es wurde 1586 von Thomas Heren aus Emden für die Familie Hans Trebaw und Ehefrau Ursula During geschaffen. In der Mitte der Bildtafel sehen wir den gekreuzigten Jesus, während Maria Magdalena den Kreuzesstamm umfasst. Beiderseits des Kreuzes kniet die Familie Trebaw. Eine besondere Kostbarkeit ist dieses Epitaph aber wegen seines heimatgeschichtlichen Wertes für unsere Kirche und darüber hinaus für die ganze Stadt. Rechts vom Kruzifix sehen wir einen Ausschnitt der Brandenburger Altstadt mit der St. Gotthardtkirche und ihrem damaligen Turm, auch der Rathenower Torturm ist gut erkennbar. Auf der linken Seite geht der Blick zur längst abgerissenen Marienkirche. Es ist eines wenigen Bildnisse, die die nicht mehr existierende Wallfahrtskirche St. Marien auf dem Marienberg zeigen. Es ist eines der ältesten erhalten gebliebenen Bilder der Brandenburger Altstadt.

Die Vicco-von-Bülow-Stiftung stelle in der Vergangenheit eine große Geldsumme für die Restaurierung mehrerer Epitaphien zur Verfügung. Die Unterstützung ist nicht von ungefähr erfolgt, schließlich ist St. Gotthardt die Taufkirche von Vicco von Bülow (Loriot) gewesen. Er war zeitlebens seiner Taufkirche sehr verbunden.

In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts waren es die Pfarrer Christophorus Lybius (1550 – 1577), Urbanus Pierius (1578 – 1581) und Petrus Weitzke (1581 – 1585) die die St. Gotthardtgemeinde führten. Weitere Informationen sind in der Schrift „Beiträge zur Geschichte der St. Gotthardtkirche und –Gemeinde zu Brandenburg a. H., Festschrift zur Wiedereinweihung der Kirche verfasst von W. Schott, Pastor, Brandenburg a. H. 1906“ nachzulesen.