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St. Katharinenkirche

Meisterwerk der norddeutschen Backsteinkunst

Am Anfang des 16. Jahrhunderts wurden von allen Seiten, vor allem auch von den Geistlichen der St. Katharinenkirche Klage geführt über das Nachlassen der Geldeinnahmen. Es wurden keine Altäre, keine Messen, keine Commenden mehr gestiftet, es wurden keine Ablässe erworben, das Volk drängte sich nicht mehr zu den Wunderstätten, zu den Prozessionen und Heiligenfesten; natürlich, denn wo das Gewissen des Volkes erwacht ist, kann mit Ablass, Seelenmessen und Wallfahrten kein Geschäft mehr gemacht werden.

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Am Anfang des 16. Jahrhunderts wurden von allen Seiten, vor allem auch von den Geistlichen der St. Katharinenkirche Klage geführt über das Nachlassen der Geldeinnahmen. Es wurden keine Altäre, keine Messen, keine Commenden mehr gestiftet, es wurden keine Ablässe erworben, das Volk drängte sich nicht mehr zu den Wunderstätten, zu den Prozessionen und Heiligenfesten; natürlich, denn wo das Gewissen des Volkes erwacht ist, kann mit Ablass, Seelenmessen und Wallfahrten kein Geschäft mehr gemacht werden.

Die verrottete Kirche hatte keinen Halt mehr in den Herzen des Volkes und deshalb konnte sie auch durch landesherrlichen Druck nicht mehr in ihrem Bestand erhalten werden. Priestertum und Volk waren sich fremd geworden, durch die Schuld des Priestertums. Zu einer Zeit, wo das Land noch so arm und spärlich bewohnt war, mußte es 3 Bischöfe, mehr als 90 Domherren, mehr als 2000 Mönche und Nonnen, mehr als 3000 Pfarrer, Altaristen, Vikare und Commendisten erhalten. … Wie viel kräftige, dem Land so notwendige Menschen entzog der wohlversorgte geistliche Stand den bürgerlichen Ständen.“ Die Pastoren S. Schultz und K. Boelke gaben in ihren Beiträgen zur Geschichte der St. Katharinenkirche im Jahre 1901 ein erschreckendes Bild über die Zustände unter den Geistlichen, drei Untugenden wurden genannt: Trunksucht, Unsittlichkeit und Habsucht. Der niedrige sittliche Stand der Priester war zum größten Teil eine Folge ihrer geringen Bildung. Melanchthon schreibt in dieser Beziehung an Justus Jonas „… Allein es widerstrebten die Pfaffen, deren eine sehr große Menge, welche nirgends dummer und ärger zu finden, daß sie als Barbaren anzusehen, die nichts gelernt hätten, aber sehr eingebildet, garstig, hartnäckig und von eingebildeter Weisheit ganz aufgeblasen wären.“
Das, was der Kirche noch zuletzt das meiste Geld einbrachte und womit das arme Volk so schwindelhaft geschwatzte, der Ablass, führte in seiner völligen Verdrehung und Veräußerlichung endgültig den Bruch zwischen Kirche und Volk herbei. Dieses musste allmählich erkennen, dass es auf seinen Geldbeutel abgesehen war, nicht aber auf sein ewiges Wohl, und es musste sich erst innerlich, dann aber auch äußerlich von einer Kirche loslösen, die ihrs Berufes die Seelen zu Gott zu führen, völlig vergessen hatte.

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GrundrissKatharinenkirche
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An den Immatrikulationslisten der Wittenberger und Frankfurter Universität konnte man sehen, wie sich die Brandenburger der sächsischen Reformation zuwandten. Die heimkehrenden Studenten brachten Luthers Schriften, Flugblätter und Bücher, soweit sie noch nicht in der Gemeinde verbreitet waren, mit und machten ihren Inhalt bekannt. Aber zu dieser Zeit war es gefährlich, offen der katholischen Kirche den Krieg zu erklären. Über der Mark herrschte Joachim I., einer der eifrigsten Gegner der Reformation. Speziell in Brandenburg herrschte scharfer katholischer Wind, solange Hieronymus Scultetus auf dem Brandenburger Bischofssitz residierte. Er war Luthers entschiedenster Feind. Am 29. September 1520 ließ er am Portal der Katharinenkirche wie überall in seinem Sprengel die Bannmeile gegen Luther anschlagen.

Als 1523 auf dem Nürnberger Reichstag die Durchführung des Wormser Edikt für ausgeschlossen erklärt wurde, wuchs in beiden Städten die Sehnsucht das lautere Evangelium frei verkünden zu hören, so dass schon 1523 oder 1524 neben Berlin auch die Neustadt Brandenburg den Versuch machte, die Zulassung eines Prädikanten durchzusetzen, der neben und anstatt des ungebildeten Klerus das lautere Wort Gottes verkünden könnte. Freilich verweigerte der Bischof Dietrich von Hardenberg, der 1521 Hieronymus auf den Bischofsstuhl gefolgt war, mit Zustimmung des Kapitels den Neustädtern die Anstellung eines solchen Geistlichen, und gleichzeitig wurde das Lesen und der Kauf Lutherischer Schriften und seiner Bibelübersetzung von neuem streng verboten.

Wollten die höheren Geistlichen Kirche und Christentum im Volk nicht ganz untergehen lassen, waren sie gezwungen, hier und da bessere und dem Evangelium sich zuneigende Prediger, wie sie das Volk verlangte, anzustellen. Thomas Baytz wurde der erste evangelische Prediger Brandenburgs. Zunächst las er nur die Messe deutsch, wie es zuerst in Wittenberg üblich geworden war. Er wusste durch ansprechende Predigten das Volk wieder der Kirche zuzuführen. Aber er war nur auf ein Jahr zur Verwesung der Pfarre angenommen. Sie war so heruntergekommen, dass die Kapelane und andere gewöhnliche Beamte der Kirche nicht mehr unterhalten werden konnten. Baytz erklärte daher nach Verlauf des Jahres, als er einen auswärtigen Ruf erhielt, dem Bischof seinen Entschluss, die St. Katharinenkirche zu verlassen. In Folge dessen erließ Bischof Matthias ein Schreiben an den Rat der Neustadt und gab demselben zu erkennen, „wie ungern er diese Nachricht erfahren hätte sonderlich von den Brandenburger, die doch billig als die ausgezeichnetsten im Kurfürstentum Brandenburg vor allen anderen schuldig seien, einen geschickten und geehrten Mann zu ihrem Seelsorger zu haben und ihn samt seinem Kapellane und sonstigen Kirchendienern ehrlich und wohl zu versorgen. Er fordere sie auf, mit Magister Thomas nochmals zu verhandeln, dass er bei der Pfarre zum wenigsten noch ein Jahr oder länger bleiben möchte, auch ihm eine gute gebührliche Zulage dermaßen zu geben, dass er und seine Caplane der Stadt erhalten werden möchten.“ Als 1526 der streng papistische Dietrich von Hardenberg starb und nach einiger Verzögerung zwei Jahre später der bisherige Havelberger Domprobst Mathias von Jagow, ein milder einsichtsvoller Prälat, die Zügel der bischöflichen Regierung ergriff, bahnte sich eine günstige Wendung für die neue Lehre an. Die Verödung der Gotteshäuser und die wachsende Kirchenfeindlichkeit des Volkes, ebenso wie der unaufhaltsame Rückgang der kirchlichen Einnahmen, mahnte den Bischof, den reformatorisch gesinnten Bürgern Zugeständnisse zu machen. Und so scheint er schon früh gestattet zu haben, dass in der Katharinenkirche die Messe in deutscher Sprache gelesen wurde, wogegen der neustädtische Rat durch einen Aufschub den durch die Abnahme der Opfer und Schenkungen in Frage gestellten Lebensunterhalt des Pfarrherrn und seiner Kapläne sicherte. Bestimmend scheint für die Bürger die ehrwürdig und beliebte Persönlichkeit des Pfarrers Thomas Baytz gewesen zu sein, der eben sowohl das Vertrauen des Bischofs als das seiner Gemeinde genoss, selbst sich allmählich aus einem Vertreter des römischen Kirchentums zu einem Anhänger Luthers entwickelte, und so im Stande war, schließlich die Brandenburger Kirche ohne Erschütterungen friedlich der neuen Lehre zuzuführen. Solange freilich der der religiösen Neuerung feindliche Kurfürst Joachim I. am Ruder war, musste wenigstens äußerlich alles beim alten bleiben, wenn auch das Dominikanerkloster (St. Pauli) der Neustadt 1531 durch allgemeinen Austritt der Mönche völlig verödete. Als aber Joachim II. die Regierung angetreten hatte, von dem man gewiss war, er werde dem Vorbringen der Reformation in der Mark weniger Hindernisse bereiten, machten die Brandenburger es sich zur Ehre, vor anderen märkischen Gemeinden die kirchliche Reform durchzusetzen. Der neustädtische Rat und Pfarrer baten 1536 mit Begründung des Bischofs die kurfürstliche Regierung in Cölln um Zustimmung zur Änderung des Gottesdienstes im evangelischen Sinne, was der Kurfürst gewährte unter der Bedingung, dass der Silberschatz der Katharinenkirche an die stets geldbedürftige kurfürstliche Silberkammer in Berlin abgeliefert würde. So erlaubte sich die Bürgerschaft der Neustadt Brandenburg das Recht evangelischer Freiheit vom Landesherrn und war stolz darauf, weithin im Lande allein diesen Vorzug zu besitzen. Obwohl das schon leer gewordene Dominikanerkloster vom Kurfürsten wiederrum einigen Mönchen als Zufluchtsort angewiesen werden mochte, die durch die Verwandlung des Cöllner Schwarzen Klosters in eine Stiftskirche obdachlos geworden waren. Bald folgte nun auch die immer mehr am alten hängende Altstadt der Nachbargemeinde, und berief 1538 den ersten (evangelischen) Dräbitanten. Es bedeutete das, dass nun auch auf dem rechten Havelufer der Bürgerschaft Gelegenheit geboten wurde, Luthers Lehre zu hören. Aber eine rechte Reformation des altstädtischen Pfarramts war dies noch nicht. Ein katholisch gesinnter Domherr blieb vorläufig im Besitz der Pfarre von St. Gotthardt und kümmerte sich wenig um sein geistliches Amt.
Trotz der im Augsburger Interim 1547 getroffenen vorläufigen Regelung der konfessionellen Frage im Reich, - es wirkte im Sinne einer katholischen Reaktion -, zeigte der Kurfürst aber Nachsicht. Im Brandenburger Bistum dachte man nicht daran, das Gesetz wirklich durchzuführen. Die Regierung erwies sich bei der Anstellung neuer Prediger sehr nachsichtig. Die Städte konnten ihren Glaubensstandpunkt im wesentlich behaupten. Zwei Jahre später, am Allerheiligentage 1539, trat der Kurfürst offiziell zur lutherischen Lehre über, indem er aus der Hand des Bischofs Matthias das Abendmahl in evangelischer Form entgegennahm. Nach dem damals allgemein gültigen Grundsatz: cuius regio, eius religio, wurde damit das ganze Land evangelisch. Der bedeutenden Feier wohnten als Vertreter der Stadt Brandenburg auf städtische Kosten Thomas Baytz und sein evangelischer Mitarbeiter Kersten bei. Ein Hemmnis für das völlige Durchdringen der Reformation in den Städten Brandenburg bildete immer noch das Verhalten des in seiner Mehrheit streng katholisch gesinnten Domkapitels und der städtischen Klosterbrüder, die noch am Allerheiligentage 1539 die Abwesenheit der neustädtischen Pfarrgeistlichen benutzend, gegen die Glaubensveränderungen predigten und unter Zulauf von Bürgern eine papistische Sakramentsfeier in einerlei Gestalt begingen. Ein strenges Mandat des Kurfürsten vom 29. November 1539 rügte die Ausschreitung, kündigte die soeben erfolgte Religionsänderung des Landesherren an, verbot alle Privatmessen und schärfte den Brüdern beider Bettelorden in Brandenburg ein, das reine lautere Evangelium und Rechtfertigung durch Jesum Christum zu predigen und das Sakrament nach Einsetzung Christi in beiderlei Gestalt zu reichen, überhaupt sich der neuen Kirchenordnung gemäß zu verhalten. Die mit der allgemeinen Kirchenvisitation betrauten Beamten des Kurfürsten erhielten den ausdrücklichen Auftrag, die Klöster und Stifte zur Annahme der neuen Kirchenordnung zu zwingen.

Der zweite lutherische Pfarrherr in der St. Katharinenkirche war Erasmus Alberus (um 1500-1553). Er war ein Freund Luthers. Es war ihm, dem eifrigen Lutheraner, zuwider das die kurfürstliche Generalkirchenvisitation, zu deren Mitgliedern auch sein Amtsvorgänger Thomas Baytz gehört hatte, nicht reinen Tisch gemacht, sondern mancherlei Papistisches hatte bestehen lassen. Er eiferte dagegen, wo er nur konnte, stieß aber durch seine zu große Hingabe so vielfach an, dass man ihn hier wieder los werden wollte. 1542 wurde er „verurlaubt“, und zwar mit kurfürstlichem Konsens.
In der St. Katharinenkirche befinden sich heute außerdem im Zusammenhang mit der Reformation die Bilder Luthers und Melanchthons, unter der Südempore, 1596 und 1615 datiert, 1736 renoviert. Es handelt sich um Ganzfigurendarstellungen.