Sievers

Oberbürgermeister Dr. Wilhelm Sievers (05.02.1938 – 1945)

Wilhelm Sievers, geboren am 2.12.1896 in Kiel, stammte aus recht einfachen Verhältnisse. Nach dem Besuch der Mittelschule und der Oberrealschule trat er als 17jähriger Kriegsfreiwilliger in das Infanterie-Regiment Nr. 163 in Neumünster ein und wurde im Dezember 1914 an die Front versetzt. Während der Kampfhandlungen wurde er zweimal verwundet und u.a. mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse ausgezeichnet. Nach der Entlassung aus der Armee als Hauptmann 1919, wurde er Mitglied des Freikorps. Er begann in Marburg und Königsberg Rechts- und Staatswissenschaften zu studieren und schloss es 1922 erfolgreich mit dem Referendarexamen ab um danach als Syndikus im Kreislandbund Bremervörde zu arbeiten. Es folgten 1928 die Wahl zum Bürgermeister von Visselhövede (Lüneburger Heide), 1931 von Eckernförde und die Tätigkeit als Oberbürgermeister von Flensburg seit dem September 1933. Obwohl er am 27.01.1936 auf Grund eines Erlasse des Innenministeriums in den Ruhestand versetzt wurde, ernannte man ihn am 05.02.1938 zum Oberbürgermeister der Stadt Brandenburg. Voraussetzung für die Übernahme dieses Amtes war die aktive Mitgliedschaft in der NSDAP aus der Zeit vor der Machtübernahme; Sievers besaß sie seit 1925 und war Träger des Goldenen Ehrenzeichens der NSDAP.

Eine aktive Beteiligung am Brand der neustädtischen Synagoge in der Großen Münzenstraße anlässlich der sogenannten „Reichskristallnacht“ am 9. November 1938, kurz nach seiner Amtseinführung, konnte ihm nicht nachgewiesen werden. In seiner Eigenschaft als Chef der örtlichen Feuerwehr erschien er an der Brandstelle. Er trug die Uniform eines SS-Obersturmbannführers. Nach Sievers Bekundung trat er dieser Organisation einem Befehl Heinrich Himmlers folgend am Vorabend bei. Sievers war auch Angehöriger des Sicherheitsdiensts (SD) in Brandenburg an der Havel. Die politische Abteilung der Brandenburger Kriminalpolizei, der schlimme Exzesse gegen politisch Inhaftierte zur Last gelegt werden, war ihm nicht direkt unterstellt. Unter Sievers Amtszeit fallen Verhaftung und Tod der jüdischen Gynäkologin Lilli Friesicke.

Nachdem Brandenburg am 24.04.1945 zur Festung erklärt worden war, wurde er dem Kampfkommandanten zugeteilt, dessen Weisungen er unterstand. Verantwortung trägt Sievers für die Bemühungen in den letzten Kriegstagen 1945, die längst verlorene Stadt Brandenburg an der Havel gegen die heranrückende Rote Armee zu verteidigen. Sievers soll sich geweigert haben, Bevölkerung aus der bombengefährdeten Stadt zu evakuieren, Lebensmitteldepots der Wehrmacht - von dieser freigestellt, für die notleidende Bevölkerung zu öffnen und soll noch in den letzten Stunden Soldaten der Infanteriekaserne wegen Desertation mit dem Erschießungstod bedroht haben.

Bei Kriegsende verließ er fluchtartig die Stadt in Richtung Elbe und geriet dort in amerikanische Gefangenschaft. Wegen Mitgliedschaft in verbrecherischen Organisationen wie der SS wurde er zu 13 Monaten Haft verurteilt. Er wird 1949 Mitglied der CDU und schafft es während seiner zweiten politischen Karriere bis zum Stadtpräsidenten der Stadt Kiel 1955. Er stirbt am 1.07.1966 in Kiel.

Nach heutigen Erkenntnissen des historischen Vereins Brandenburg belasten Unterlagen Sievers „als Nationalsozialisten bis zur letzten Stunde“. Unter anderem wegen der Mitgliedschaft in der SS wurde Sievers zu 13 Monaten Haft verurteilt, aus der er 1947 frei kam. Danach begann seine Kieler Karriere: 1951 kam er als CDU-Mitglied in die Ratsversammlung, 1952 übernahm er die Leitung der Kreispartei, drei Jahre später das Amt des Stadtpräsidenten, das er 1959 überraschend wieder abgab. Er trat aus der CDU aus, nachdem er nur einen hinteren Listenplatz ergattert hatte.