Pogrom

Pogrom vom November 1938

Am 9. November 1938 nahm das NS-Regime das Attentat eines 17jährigen Juden auf einen deutschen Diplomaten in Paris zum Anlass für massive Verfolgungsaktionen. Es kam zur sogenannten „Reichskristallnacht“.
Aus Augenzeugenberichten Brandenburger Bürger ist überliefert, was sich am 9. und 10. November 1938 in Brandenburg abgespielt hatte.
Das Foto zeigt das Manufaktur- und Wäschegeschäft des jüdischen Bürgers Nathanson in der Hauptstraße 77/78. In der Pogromnacht wurden die Fenster zerschlagen, dann drangen NSDAP-Leute in das Geschäft ein und zerschlugen alles. Die Stoffe und Textilien wurden von der Polizei „sichergestellt“ und nach dem Rathaus abtransportiert. Nach diesem Ausbruch sorgte staatlich gelenkt ein raffinierter Vernichtungsapparat für die Beseitigung all dessen, was jüdisch war.

17727P Geschäft NathansonAlbert Nathanson gelang mit seinen zwei Söhnen die Flucht nach Israel, wo er verstarb.
Auf dem jüdischen Friedhof befindet sich noch heute das Erbbegräbnis der Familie Nathanson.

Ein Augenzeuge berichtete über die Zerstörungen und Plünderungen:
„Auf meinem Weg zur Schule sah ich die Zerstörung einiger jüdischer Geschäfte, ohne daß ich in diesem Augenblick den ganzen Umfang und die Zusammenhänge der Ereignisse überblickte. Polizisten spazierten wie völlig unbeteiligt umher und gaben auf befragen keine Auskunft.(...) Die Vorgänge spielten sich während des ganzen Vormittags weiter ab, von einem polizeilichen Schutz konnte keine Rede sein, ja es ist ganz undenkbar, daß es ohne Zustimmung oder stillschweigende Duldung von seiten des Oberbürgermeisters überhaupt zu solchen Ausschreitungen kommen konnte,...“

Juden wurden in der Nacht aus ihren Wohnungen geholt und misshandelt, wie der Rabbiner Rosenzweig und der Kantor Löwenstein. Geschäftsleute, deren Läden zertrümmert und geplündert worden waren, wurden verhaftet und zum Rathaus gebracht, wo sie drangsaliert und schikaniert wurden. Frau Dr. Friesicke vergiftete sich im Rathaus, weil sie die Zustände und die Art der Behandlung nicht mehr ertragen konnte.

In der Nacht vom 8. zum 9. November brannte die Synagoge in der Großen Münzenstraße ab. Aus den Zeugenaussagen und Vernehmungsprotokollen kann man davon ausgehen, dass offene Brandstiftung vorgelegen hat.
Feuerwehrmann August S. sagte am 22. Juli 1947 aus, dass er am 9. November 1938 früh alarmiert wurde und danach mit dem Fahrzeug der Feuerwehr dorthin fuhr.
„Als wir an der Brandstelle ankamen, gab der Brandingenieur S. den Befehl, nicht einzugreifen, so daß wir nach einiger Zeit wieder abrücken mußten“.
Aller Wahrscheinlichkeit nach leitete der Oberbürgermeister Dr. Sievers die Aktion, war auf jeden Fall am Ort. Das wertvolle Inventar hatte man zuvor aus der Synagoge geschafft.

jued FriedhofWährend des Novemberpogroms wurde auch der jüdische Friedhof zerstört.