Kirche in der DDR
Verhältnis von Staat und Kirche in der DDR
Der evangelischen Kirche, die im Rahmen der EKD noch bis 1969 gesamtdeutsch organisiert war, gehörten im ”Kernland der Reformation” noch etwa 80 Prozent der Bevölkerung an. Die SED verkündete das baldige Absterben der Kirche.
Ähnlich wie die Verfassung der Bundesrepublik sicherte auch die Verfassung der DDR dem Einzelnen Glaubens- und Gewissenfreiheit zu. Doch während noch 1949 in der Verfassung der DDR den Kirchen das Recht eingeräumt wurde, zu Lebensfragen des Volkes Stellung zu beziehen, wurde in der revidierten Fassung von 1968 dieses Recht gestrichen. Längst hatte der Staat begonnen, den Handlungsspielraum der Kirchen einzuschränken, mit dem Ziel, sie aus dem öffentlichen Leben zu drängen. Dieser Politik blieb die SED-Führung treu, auch wenn sich im Verlauf von vierzig Jahren Stil und Methoden änderten. Die Kirchen setzten sich gegen Ausgrenzung und Einschränkungen zur Wehr. Mitglieder der Kirche wurden diskriminiert, wenn sie einen Job suchten, oder wenn junge Leute die Erweiterte Oberschule (vergleichbar mit dem Gymnasium heutzutage) besuchen wollten.
Ein besonderer Dorn im Auge der Partei war die evangelische Jugendarbeit der Jungen Gemeinde, die aufgrund ihrer Verbindungen zur westdeutschen Kirchenjugend der Illegalität und Staatsfeindlichkeit verdächtig wurde. Im Januar 1953 wurde ein ganzer Maßnahmenkatalog gegen die Jugendorganisation und ihre Mitglieder beschlossen, während gleichzeitig die FDJ ihre Arbeit verstärkte.
Allein im Frühjahr 1953 ließ die SED durch das MfS etwa 50 Geistliche, Diakone und Laienhelfer verhaften. Im ganzen Land gab es Aktionen gegen die „Jungen Gemeinden”, die zu staatsfeindlichen Organisationen erklärt wurden. Die Abhaltung des Religionsunterrichtes an den Schulen wurde stark eingeschränkt. 1954 gab es den ersten Höhepunkt einer atheistischen Propagandawelle der SED. Im selben Jahr wurde die Jugendweihe wieder eingeführt.
Beispiel Stadt Brandenburg Abb. Junge Welt und Bild mit Schmiererei am Gemeindehaus.
Die Evangelische Kirche fing an, sich von ihren westlichen Brüdern zu entbinden, und 1969 war es endlich so weit: die Evangelischen Kirchen im Osten und Westen waren getrennt. Der Kirchenbund wurde 1969 gegründet, um die Evangelischen Kirchen in der DDR miteinander zu verbinden. Und so fing es an, dass die Evangelische Kirche selbst eine neue Identität als "eine Kirche im Sozialismus" bestimmen wollte.
In den nächsten zwanzig Jahren ist die Beziehung zwischen dem Staat und der Kirche allgemein viel besser, aber gekennzeichnet noch durch widersprüchliche Taktiken gegen die Kirche.
In den 1970er Jahren prägten einige Vertreter in der evangelischen Kirche gemeinsam mit SED-abhängigen Staatsdienern die Formel der Kirche im Sozialismus. Bischof Albrecht Schönherr formulierte auf der Synode des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR 1971: Wir wollen Kirche nicht neben, nicht gegen, sondern im Sozialismus sein. Die Formel postulierte ein deutliches Sich-Einlassen auf den Sozialismus in der DDR - im Unterschied zu der verbreiteten Meinung innerhalb der Kirche in den 1950er und 1960er Jahren, als man noch von einem "Überwintern" bis zum schnellen Verschwinden der DDR ausging. Die Formel war von den meisten, die sie verwendeten, nicht als Bekenntnis zum Sozialismus gemeint. Die drohende Gefahr der staatlichen Gängelung und Kontrolle verhinderte aber insbesondere auf Druck der südlichen Landeskirchen, dass die "Kirche im Sozialismus" eine ernsthafte Alternative zur reservierten Haltung der SED und dem atheistischen Sozialismus gegenüber wurde. Trotzdem gab es danach einige Verbesserungen in der kirchlichen Arbeit, die von der SED im sozialen Bereich durchaus geschätzt wurde und hochwillkommen war, da die DDR vor allem im Bereich der Behindertenintegration rückständig war.
1970 - 1980 Die Kirche als Teil der Friedensbewegung
Internationale Lage
Die sich verschärfende internationale Lage trug zum Entstehen einer Friedensbewegung bei:
Die sowjetische Stationierung von Mittelstreckenraketen in Osteuropa und der DDR und in der Bundesrepublik (NATO-Doppelbeschluss) sowie die zunehmende Militarisierung in der DDR auch Wehrkundeunterricht waren die Hauptgründe für das Entstehen der Friedensbewegung in der DDR. Zudem sah man sich immer wieder in der Opposition zum Staat.
Die erste Friedensdekade fand im November 1980 statt. Das Motto für die Woche war "Frieden schaffen ohne Waffen" und Lesezeichen wurden mit den Wörtern "Schwerter zu Pflugscharen" verteilt. Der DDR-Staat hat diese Friedensdekade zuerst unterstützt, denn der Staat nannte sich selbst einen "Friedensstaat“; infolgedessen konnte der Staat die Versuche der Kirche solche Ideen zu verbreiten nicht unterdrücken.
„Schwerter zu Pflugscharen“ war das biblische Wort, um das sich die Christen der DDR sammelten und das sie als Aufnäher an ihren Jacken trugen. „Niemand konnte doch gegen das Symbol sein, das die UdSSR der UNO als Denkmal geschenkt hatte.“ Aber das Zeichen wurde verboten. „Manche trugen deshalb bewusst die leere Stelle mit den Nähten auf dem Ärmel. “
Ein entscheidender Aktivist der Friedensbewegung war Wolfgang Rudolph.
Die folgende Menschen- und Bürgerrechtsbewegung fand in der Kirche eine Heimstatt, ebenso wie die Umweltbewegung, die besonders nach dem Abflauen der europäischen Friedensbewegung in der Mitte der achtziger Jahre starken Zulauf fand.
Besonders Erhard Gottschalk engagierte sich für die Umweltbewegung der Stadt Brandenburg.
Lutherjubiläum 1983
Kabinettausstellung im Dommuseum Brandenburg 1983
Zitat Luther:
„Die Buchdruckerkunst ist die letzte und zugleich größte Gabe, denn durch sie sollte nach Gottes Willen dem ganzen Erdkreis die Sache der wahren Religion am Ende der Welt bekannt und in allen Sprachen verbreitet werden. Sie ist die letzte unauslöschliche Flamme der Welt.“
Im Jahre 1983 fanden in der DDR über siebzig Ausstellungen anlässlich seines 500. Geburtstages statt. Über zwanzig davon befassten sich mit dem Buch als dem wohl verbreitetesten Zeugnis seines Wirkens. Zu dieser Art Ausstellung gehörte auch die des Dommuseums, obwohl Brandenburg keine Lutherstadt ist. Was in der Ausstellung gezeigt wurde, war ein Schatz von Lutherschriften, fast alles Originalschriften, d.h. zu seinen Lebzeiten erschienen. Diese Werke wurden unter dem Aspekt des wechselseitigen Verhältnisses zwischen Buchkunst und Reformation vorgestellt. Anhand einzelner Themen wurde gezeigt, welchen großen Anteil die reformatorische Lehre Luthers an der Entwicklung der Buchkunst hatte. Der schlagwortartigen Kürze und oft derben Sprache in der die neuen Ideen formuliert waren, musste auch die entsprechende Form und Illustration gegeben werden. Hier liegt die Geburtsstunde der Flugschriften jener kleinen, ungebundenen und billigen Broschüren, die das Ziel hatten einen großen Kreis der Öffentlichkeit zu erreichen und dessen Handlungen und Überzeugungen zu beeinflussen.
Eines der bedeutendsten Beispiele sei erwähnt: das Passional Christi und Antichristi – die Gegenüberstellung des anspruchslos demütigen Lebens Christi und des aufwendigen Luxus der institutionellen Kirche in Wort und Bild.
Siehe: Anlage „Das Passional Christi und Antichristi, Lukas Cranach der Ältere, 1521 Wittenberg (Domstiftsarchiv Brandenburg)
Luther über die Juden
Die Ausstellung wies auf die Derbheit der Schriften Luthers hin und bezeichnete sie als typisch (Grobianismus) für diese Zeit. Es wurde auf die Gefahr der Verhärtung der seit Luther entzweiten Kirchen hingewiesen.
In der Ausstellung des Dommuseum 1983 wiesen die Kuratoren auch auf die dunklen Schattenseiten Martin Luthers hin. Der Missbrauch der Werke Luthers in der Zeit des Nationalsozialismus für die „antisemitische Rassenpolitik“ der Nationalsozialisten wurde auch von der Evangelischen Kirche nicht widersprochen, von einigen wenigen Ausnahmen. Als Beispiel wurde in der Ausstellung das Buch „Von den Jüden und ihren Lügen“ von Martin Luther gezeigt. 1936 hatte es eine Wiederauflage mit einem entsprechenden Kommentar gegeben. Ein wesentliches Werk von Martin Luther in der Ausstellung war außerdem „Das Jesuschristus eyn geborener Jude sey“. In den Unterlagen zur Ausstellung im Domarchiv geht nicht hervor, ob auf die Person Dr. Lothar Kreyssig hingewiesen wurde. Als einziger deutscher Richter prangerte er die „Euthanasie“-Morde der Nationalsozialisten an, erstattete Anzeige wegen Mordes und brachte das Wesen des Rechtsstaats in dem Satz „Ein Führerwort schafft kein Recht“ auf den Punkt.
"Das Jesuschristus eyn gebrorener Jude sey", Martin Luther
Wie der Papst und der Türke gehörte für Luther auch der Jude zu den Gegnern des Evangeliums. Während Luther in seinen frühen Schriften hoffte, das wiederentdeckte reine Evangelium werde sich auch bei den Juden durchsetzen und dieser Hoffnung durch eine positive Beurteilung der Juden Ausdruck verlieh, bekämpfte er in den späten Jugendschriften die offensichtlich unbekehrbaren Juden mit ebenso verbitterter Schärfe wie den Papst und die Türken als die entschiedensten Feinde des Evangeliums. Die Ausstellungsautoren brachten zum Ausdruck, dass für Luther die Juden nur aus theologischen Gründen zu Feinden geworden waren. Sie werden von ihm wie Papst und die Türken als die urbösen endzeitlichen Figuren des Teufels im Sinne der Apokalyptik (Glaube an das bevorstehende Weltende) des späten Mittelalters gedeutet und deshalb mit so ausfallender Schärfe bekämpft. Und wenn sich der neuzeitliche Antisemitismus unter anderem auch auf Luther berufen hat, so hat er den theologischen Ansatz Luthers bewusst nicht berücksichtigt.
Kirche im Wendejahr 1989
In der Entwicklung der DDR nahm die Zahl religiös gebundener Menschen, also auch der Mitglieder der Kirchen, erheblich ab. Christen waren gegen Ende der DDR eindeutig in einer Minderheitenposition. An der Jugendweihe nahm nahezu jeder DDR-Jugendliche teil. Die DDR-Kirchenpolitik war bis zu einem bestimmten Grade also durchaus erfolgreich. Sie konnte aber nicht verhindern, dass die christlichen Kirchen ein gewisser eigenständiger gesellschaftlicher Faktor blieben. Im Herbst 1989 wuchs den Kirchen in der DDR für kurze Zeit eine Rolle von historischer Bedeutung zu. Die Friedensgebete wurden zu Keimzellen des Massenprotestes. Die Geschichte der Wende zeigte dann, dass sich gerade in den evangelischen Kirchen ein großer Teil der Menschen fand, teilweise ohne selber religiös zu sein, die zu den Trägern der Wende wurden.
Die Reformationsbotschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, hatte in ihrer Predigt zum Auftakt der diesjährigen Wartburg-Gottesdienste die friedliche Revolution in der DDR als Teil der "Lerngeschichte der Reformation" gewürdigt.Sie hob die Bedeutung der Kirchen für die friedliche Revolution vor 25 Jahren in der DDR hervor. Damals hätten "Gebete“ die Welt verändert. Als einen wichtigen Ausgangspunkt für den Herbst 1989 nannte die Theologin die Montagsgebete in der Leipziger Nikolaikirche. Der Protestantismus habe nach der anfänglichen Bindung an Thron und Altar "gelernt, dass es auch gilt, widerständig zu sein", sagte Käßmann. Neben dem christlichen Widerstand im Nationalsozialismus zeige dies auch der Einsatz derjenigen, die "in der DDR die Türen weit aufgemacht haben für freie Rede, Auseinandersetzung und Kritik". Nach dem Vorbild vom Herbst 1989 und dem Ruf "Keine Gewalt!"
Der evangelischen Kirche, die im Rahmen der EKD noch bis 1969 gesamtdeutsch organisiert war, gehörten im ”Kernland der Reformation” noch etwa 80 Prozent der Bevölkerung an. Die SED verkündete das baldige Absterben der Kirche.
Ähnlich wie die Verfassung der Bundesrepublik sicherte auch die Verfassung der DDR dem Einzelnen Glaubens- und Gewissenfreiheit zu. Doch während noch 1949 in der Verfassung der DDR den Kirchen das Recht eingeräumt wurde, zu Lebensfragen des Volkes Stellung zu beziehen, wurde in der revidierten Fassung von 1968 dieses Recht gestrichen. Längst hatte der Staat begonnen, den Handlungsspielraum der Kirchen einzuschränken, mit dem Ziel, sie aus dem öffentlichen Leben zu drängen. Dieser Politik blieb die SED-Führung treu, auch wenn sich im Verlauf von vierzig Jahren Stil und Methoden änderten. Die Kirchen setzten sich gegen Ausgrenzung und Einschränkungen zur Wehr. Mitglieder der Kirche wurden diskriminiert, wenn sie einen Job suchten, oder wenn junge Leute die Erweiterte Oberschule (vergleichbar mit dem Gymnasium heutzutage) besuchen wollten.
Ein besonderer Dorn im Auge der Partei war die evangelische Jugendarbeit der Jungen Gemeinde, die aufgrund ihrer Verbindungen zur westdeutschen Kirchenjugend der Illegalität und Staatsfeindlichkeit verdächtig wurde. Im Januar 1953 wurde ein ganzer Maßnahmenkatalog gegen die Jugendorganisation und ihre Mitglieder beschlossen, während gleichzeitig die FDJ ihre Arbeit verstärkte.
Allein im Frühjahr 1953 ließ die SED durch das MfS etwa 50 Geistliche, Diakone und Laienhelfer verhaften. Im ganzen Land gab es Aktionen gegen die „Jungen Gemeinden”, die zu staatsfeindlichen Organisationen erklärt wurden. Die Abhaltung des Religionsunterrichtes an den Schulen wurde stark eingeschränkt. 1954 gab es den ersten Höhepunkt einer atheistischen Propagandawelle der SED. Im selben Jahr wurde die Jugendweihe wieder eingeführt.
Beispiel Stadt Brandenburg Abb. Junge Welt und Bild mit Schmiererei am Gemeindehaus.
Die Evangelische Kirche fing an, sich von ihren westlichen Brüdern zu entbinden, und 1969 war es endlich so weit: die Evangelischen Kirchen im Osten und Westen waren getrennt. Der Kirchenbund wurde 1969 gegründet, um die Evangelischen Kirchen in der DDR miteinander zu verbinden. Und so fing es an, dass die Evangelische Kirche selbst eine neue Identität als "eine Kirche im Sozialismus" bestimmen wollte.
In den nächsten zwanzig Jahren ist die Beziehung zwischen dem Staat und der Kirche allgemein viel besser, aber gekennzeichnet noch durch widersprüchliche Taktiken gegen die Kirche.
In den 1970er Jahren prägten einige Vertreter in der evangelischen Kirche gemeinsam mit SED-abhängigen Staatsdienern die Formel der Kirche im Sozialismus. Bischof Albrecht Schönherr formulierte auf der Synode des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR 1971: Wir wollen Kirche nicht neben, nicht gegen, sondern im Sozialismus sein. Die Formel postulierte ein deutliches Sich-Einlassen auf den Sozialismus in der DDR - im Unterschied zu der verbreiteten Meinung innerhalb der Kirche in den 1950er und 1960er Jahren, als man noch von einem "Überwintern" bis zum schnellen Verschwinden der DDR ausging. Die Formel war von den meisten, die sie verwendeten, nicht als Bekenntnis zum Sozialismus gemeint. Die drohende Gefahr der staatlichen Gängelung und Kontrolle verhinderte aber insbesondere auf Druck der südlichen Landeskirchen, dass die "Kirche im Sozialismus" eine ernsthafte Alternative zur reservierten Haltung der SED und dem atheistischen Sozialismus gegenüber wurde. Trotzdem gab es danach einige Verbesserungen in der kirchlichen Arbeit, die von der SED im sozialen Bereich durchaus geschätzt wurde und hochwillkommen war, da die DDR vor allem im Bereich der Behindertenintegration rückständig war.
1970 - 1980 Die Kirche als Teil der Friedensbewegung
Internationale Lage
Die sich verschärfende internationale Lage trug zum Entstehen einer Friedensbewegung bei:
Die sowjetische Stationierung von Mittelstreckenraketen in Osteuropa und der DDR und in der Bundesrepublik (NATO-Doppelbeschluss) sowie die zunehmende Militarisierung in der DDR auch Wehrkundeunterricht waren die Hauptgründe für das Entstehen der Friedensbewegung in der DDR. Zudem sah man sich immer wieder in der Opposition zum Staat.
Die erste Friedensdekade fand im November 1980 statt. Das Motto für die Woche war "Frieden schaffen ohne Waffen" und Lesezeichen wurden mit den Wörtern "Schwerter zu Pflugscharen" verteilt. Der DDR-Staat hat diese Friedensdekade zuerst unterstützt, denn der Staat nannte sich selbst einen "Friedensstaat“; infolgedessen konnte der Staat die Versuche der Kirche solche Ideen zu verbreiten nicht unterdrücken.
„Schwerter zu Pflugscharen“ war das biblische Wort, um das sich die Christen der DDR sammelten und das sie als Aufnäher an ihren Jacken trugen. „Niemand konnte doch gegen das Symbol sein, das die UdSSR der UNO als Denkmal geschenkt hatte.“ Aber das Zeichen wurde verboten. „Manche trugen deshalb bewusst die leere Stelle mit den Nähten auf dem Ärmel. “
Ein entscheidender Aktivist der Friedensbewegung war Wolfgang Rudolph.
Die folgende Menschen- und Bürgerrechtsbewegung fand in der Kirche eine Heimstatt, ebenso wie die Umweltbewegung, die besonders nach dem Abflauen der europäischen Friedensbewegung in der Mitte der achtziger Jahre starken Zulauf fand.
Besonders Erhard Gottschalk engagierte sich für die Umweltbewegung der Stadt Brandenburg.
Lutherjubiläum 1983
Kabinettausstellung im Dommuseum Brandenburg 1983
Zitat Luther:
„Die Buchdruckerkunst ist die letzte und zugleich größte Gabe, denn durch sie sollte nach Gottes Willen dem ganzen Erdkreis die Sache der wahren Religion am Ende der Welt bekannt und in allen Sprachen verbreitet werden. Sie ist die letzte unauslöschliche Flamme der Welt.“
Im Jahre 1983 fanden in der DDR über siebzig Ausstellungen anlässlich seines 500. Geburtstages statt. Über zwanzig davon befassten sich mit dem Buch als dem wohl verbreitetesten Zeugnis seines Wirkens. Zu dieser Art Ausstellung gehörte auch die des Dommuseums, obwohl Brandenburg keine Lutherstadt ist. Was in der Ausstellung gezeigt wurde, war ein Schatz von Lutherschriften, fast alles Originalschriften, d.h. zu seinen Lebzeiten erschienen. Diese Werke wurden unter dem Aspekt des wechselseitigen Verhältnisses zwischen Buchkunst und Reformation vorgestellt. Anhand einzelner Themen wurde gezeigt, welchen großen Anteil die reformatorische Lehre Luthers an der Entwicklung der Buchkunst hatte. Der schlagwortartigen Kürze und oft derben Sprache in der die neuen Ideen formuliert waren, musste auch die entsprechende Form und Illustration gegeben werden. Hier liegt die Geburtsstunde der Flugschriften jener kleinen, ungebundenen und billigen Broschüren, die das Ziel hatten einen großen Kreis der Öffentlichkeit zu erreichen und dessen Handlungen und Überzeugungen zu beeinflussen.
Eines der bedeutendsten Beispiele sei erwähnt: das Passional Christi und Antichristi – die Gegenüberstellung des anspruchslos demütigen Lebens Christi und des aufwendigen Luxus der institutionellen Kirche in Wort und Bild.
Siehe: Anlage „Das Passional Christi und Antichristi, Lukas Cranach der Ältere, 1521 Wittenberg (Domstiftsarchiv Brandenburg)
Luther über die Juden
Die Ausstellung wies auf die Derbheit der Schriften Luthers hin und bezeichnete sie als typisch (Grobianismus) für diese Zeit. Es wurde auf die Gefahr der Verhärtung der seit Luther entzweiten Kirchen hingewiesen.
In der Ausstellung des Dommuseum 1983 wiesen die Kuratoren auch auf die dunklen Schattenseiten Martin Luthers hin. Der Missbrauch der Werke Luthers in der Zeit des Nationalsozialismus für die „antisemitische Rassenpolitik“ der Nationalsozialisten wurde auch von der Evangelischen Kirche nicht widersprochen, von einigen wenigen Ausnahmen. Als Beispiel wurde in der Ausstellung das Buch „Von den Jüden und ihren Lügen“ von Martin Luther gezeigt. 1936 hatte es eine Wiederauflage mit einem entsprechenden Kommentar gegeben. Ein wesentliches Werk von Martin Luther in der Ausstellung war außerdem „Das Jesuschristus eyn geborener Jude sey“. In den Unterlagen zur Ausstellung im Domarchiv geht nicht hervor, ob auf die Person Dr. Lothar Kreyssig hingewiesen wurde. Als einziger deutscher Richter prangerte er die „Euthanasie“-Morde der Nationalsozialisten an, erstattete Anzeige wegen Mordes und brachte das Wesen des Rechtsstaats in dem Satz „Ein Führerwort schafft kein Recht“ auf den Punkt.
"Das Jesuschristus eyn gebrorener Jude sey", Martin Luther
Wie der Papst und der Türke gehörte für Luther auch der Jude zu den Gegnern des Evangeliums. Während Luther in seinen frühen Schriften hoffte, das wiederentdeckte reine Evangelium werde sich auch bei den Juden durchsetzen und dieser Hoffnung durch eine positive Beurteilung der Juden Ausdruck verlieh, bekämpfte er in den späten Jugendschriften die offensichtlich unbekehrbaren Juden mit ebenso verbitterter Schärfe wie den Papst und die Türken als die entschiedensten Feinde des Evangeliums. Die Ausstellungsautoren brachten zum Ausdruck, dass für Luther die Juden nur aus theologischen Gründen zu Feinden geworden waren. Sie werden von ihm wie Papst und die Türken als die urbösen endzeitlichen Figuren des Teufels im Sinne der Apokalyptik (Glaube an das bevorstehende Weltende) des späten Mittelalters gedeutet und deshalb mit so ausfallender Schärfe bekämpft. Und wenn sich der neuzeitliche Antisemitismus unter anderem auch auf Luther berufen hat, so hat er den theologischen Ansatz Luthers bewusst nicht berücksichtigt.
Kirche im Wendejahr 1989
In der Entwicklung der DDR nahm die Zahl religiös gebundener Menschen, also auch der Mitglieder der Kirchen, erheblich ab. Christen waren gegen Ende der DDR eindeutig in einer Minderheitenposition. An der Jugendweihe nahm nahezu jeder DDR-Jugendliche teil. Die DDR-Kirchenpolitik war bis zu einem bestimmten Grade also durchaus erfolgreich. Sie konnte aber nicht verhindern, dass die christlichen Kirchen ein gewisser eigenständiger gesellschaftlicher Faktor blieben. Im Herbst 1989 wuchs den Kirchen in der DDR für kurze Zeit eine Rolle von historischer Bedeutung zu. Die Friedensgebete wurden zu Keimzellen des Massenprotestes. Die Geschichte der Wende zeigte dann, dass sich gerade in den evangelischen Kirchen ein großer Teil der Menschen fand, teilweise ohne selber religiös zu sein, die zu den Trägern der Wende wurden.
Die Reformationsbotschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, hatte in ihrer Predigt zum Auftakt der diesjährigen Wartburg-Gottesdienste die friedliche Revolution in der DDR als Teil der "Lerngeschichte der Reformation" gewürdigt.Sie hob die Bedeutung der Kirchen für die friedliche Revolution vor 25 Jahren in der DDR hervor. Damals hätten "Gebete“ die Welt verändert. Als einen wichtigen Ausgangspunkt für den Herbst 1989 nannte die Theologin die Montagsgebete in der Leipziger Nikolaikirche. Der Protestantismus habe nach der anfänglichen Bindung an Thron und Altar "gelernt, dass es auch gilt, widerständig zu sein", sagte Käßmann. Neben dem christlichen Widerstand im Nationalsozialismus zeige dies auch der Einsatz derjenigen, die "in der DDR die Türen weit aufgemacht haben für freie Rede, Auseinandersetzung und Kritik". Nach dem Vorbild vom Herbst 1989 und dem Ruf "Keine Gewalt!"